Hildegard von Bingen – Nonne, Prophetin, Kirchenlehrerin
was sie lehrte, was sie komponierte, wozu sie inspirierte
Hildegard von Bingen ist eine der faszinierendsten Frauen des Mittelalters. Ihre Texte sind herausfordernd, befremdlich, fesselnd – und von überraschender Aktualität. Ihre Kompositionen sind ungewöhnlich, wunderschön, und verführen zum Singen.
Für uns in der Abtei ist sie nicht nur unsere Gründerin vor ca 850 Jahren, sondern auch Quelle der Inspiration, Mahnung im Handeln und mit ihrer menschlichen Klugheit Begleiterin im Alltag.
Kommen Sie mit, entdecken Sie mit uns die große Frau, die sehr treffend Kirchenlehrerin im 21. Jahrhundert ist.
„Liber Vitae Meritorium – Das Buch der Lebensverdienste“: Hildegard, Schöpfung und Klimawandel
„Die Winde sind vom Gestank heiser geworden, die Luft speit Schmutz aus… Die ganze Schöpfung strebt nach ihrem Schöpfer und versteht offensichtlich, dass einer sie erschaffen hat. Der Mensch dagegen ist ein Rebell…“
(Hildegard von Bingen, Das Buch der Lebensverdienste – Liber vitae meritorum, hrsg. v. d. Abtei St. Hildegard, 2014, S. 163) direkt zum Buch
Hildegard hat die Gefahr der Umweltzerstörung klar erkannt. Ebenso die Ursache dafür: den Menschen. Der Mensch ist der Mittelpunkt der Schöpfung, er hat einzigartige Größe. Aber auch die Freiheit, sie zu missbrauchen.
Sr. Maura Zátonyi fasst Hildegards Aussagen pointiert zusammen:
„Die Fähigkeit, zu wirken, kann verkehrt werden, denn dem Menschen steht Freiheit zu. Wenn der Mensch kraft dieser Freiheit seine Mittelstellung … rücksichtslos in seinem eigenen Interesse missbraucht, dann weigert er sich, seiner Bestimmung zu entsprechen.“ (Maura Zátonyi, Hildegard von Bingen 2017, S. 134) direkt zum Buch
Das ist jedoch weder für Hildegard noch für uns ein Grund, zu verzweifeln, denn, so wie der Mensch zerstören kann, kann er auch gestalten. Hildegards Leben selbst ist ein Beispiel für Schaffenskraft und Durchhaltevermögen und auch wir alle haben stets Gestaltungsmöglichkeit, unserem Leben Richtung zu geben. mehr dazu
Hildegards Werk
im Einzelnen…
Die Erklärungen dazu
Maura Zátonyi OSB (Hg.), Das große Hildegard von Bingen Lesebuch. Worte wie von Feuerzungen, Verlag Herder 2022.
Die mittelalterliche Benediktinerin, Mystikerin und Universalgelehrte Hildegard von Bingen (1098-1179) ist eine der faszinierendsten Frauengestalten des Christentums. Ihre Visionen, die sich mit den fundamentalen Fragen des Lebens beschäftigen, bergen Einsichten von überraschender Aktualität. Unter Papst Benedikt XVI. erfolgte 2012 ihre Heiligsprechung und Erhebung zur Kirchenlehrerin.
Das Lesebuch führt ein in das Werk der großen rheinischen Äbtissin. Es bietet eine sorgfältige Textauswahl und leistet wichtige Hilfestellungen, um in die verschlüsselte Bildersprache Hildegards einzudringen. Auf diese Weise ermöglicht es heutigen Leserinnen und Lesern, den Reichtum und die spirituelle Kraft von Hildegards Denken für sich zu entdecken.
Blick ins Buch:
Maura Zátonyi, Hildegard von Bingen (Zugänge zum Denken des Mittelalters Band 8, hg. v. Mechthild Dreyer), 210 S., Aschendorff Verlag 2017. ISBN 978-3-402-15674-2
Hildegard von Bingen (1098-1179), Äbtissin zweier Klöster, Visionärin, Schriftstellerin, Kirchenlehrerin, gehört zu den berühmtesten geistlichen Persönlichkeiten des Mittelalters. Ihr Gesamtwerk, beeindruckend durch seine Vielfalt und Einzigarkeit, ist durch die benediktinische Denkweise geprägt. Es bietet eine umfassende Verhältnisbestimmung von Gott, Mensch und Welt, die uns auch oder gerade heute sehr viel zu sagen hat.
Zum Verständnis des hildegardischen Denkens bietet der vorliegende Band eine philosophiehistorische Verortung Hildegards im Kontext des 12. Jahrhunderts und eine Darlegung der prägenden Faktoren ihres Denkens. Die Interpretation der Werke erfolgt ausgehend von der Analyse der handschriftlichen Überlieferung und führt zu einer Skizze der Rezeptions- und Wirkungsgeschichte. Ausgewählte Texte ermöglichen eine eigenständige Reflexion zentraler Fragen in Hildegards Werk.
Geschrieben auf dem Fundament intensiver wissenschaftlicher Forschung ist dieses leicht verständlich geschriebene Werk die Hinführung für alle Hildegard-Interessierten!
Maura Zátonyi, Vidi et intellexi. Die Schrifthermeneutik in der Visionstrilogie Hildegards von Bingen (Beiträge zur Geschichte der Philosophie und Theologie des Mittelalters, Neue Folge Band 76), Aschendorff Verlag 2014.
Die ungewöhnliche Bildsprache Hildegards ist ihre Besonderheit und Eigenheit. Sie fordert den Leser, bietet ihm aber auch die Chance, ganz neu zu denken und zu verstehen.
Die Studie von Sr. Maura Zátonyi OSB fragt ausgehend von der Aussage Hildegards, sie habe in ihren Visionen „Einsicht in die Auslegung der Schriften“ gewonnen, nach dem Verhältnis der bilderreichen Visionen zur Sinnerschließung der Heiligen Schrift. Diese Frage wird in einer Untersuchung der Schrifthermeneutik in Hildegards Werk geklärt. Schrifthermeneutik wird als Rekonstruktion der mittelalterlichen Form der philosophischen Hermeneutik definiert. Die strukturelle Analyse des Visionswerkes Hildegards und philosophiehistorische Vergleiche mit anderen verwandten bzw. zeitgenössischen Positionen ergeben das Modell des hermeneutischen Geschehens der Visionen, in das die Heilige Schrift als ein konstitutives Element integriert wird: Hildegards visio als intellectus im Bild. Durch das hermeneutische Prinzip der Bildverfremdung, das die Wiederholung der Ausdrucksgestalt der Bibel bedeutet, lässt sich Hildegards Werk mit Hilfe der Metapher als ein Metakommentar bezeichnen. Damit zeigt die Studie Hildegards Antwort auf die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen der menschlichen Gotteserkenntnis und der Gottesrede. In Hildegards Position erweist sich die symbolische Vermitteltheit als notwendige Bedingung für den Umgang mit dem Transzendenten.
Schicksal ihrer Werke
Christiane Heinemann, Der Riesencodex der Hildegard von Bingen. Verschollen – Gefunden – Gerettet. Schicksalswege 1942 bis 1950 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau 94), Wiesbaden 2021.
Die spannende Geschichte einer Handschrift – ein Nachkriegsdrama:
Der Tatbestand ist von höchster Brisanz. Eine mittelalterliche Handschrift von unschätzbarem Wert wird während des Zweiten Weltkriegs aus der Landesbibliothek Wiesbaden in das vermeintlich sichere Dresden evakuiert. Das Dresdner Bomben-Inferno vom Februar 1945 übersteht der Codex wunderbarerweise unversehrt, wird aber nach Kriegsende in der Sowjetischen Besatzungszone festgehalten. Der Eiserne Vorhang zwischen Ost und West lässt Verhandlungen über eine offzielle Rückführung scheitern. In einer tollkühnen Aktion gelingt es, den Codex unter einem Vorwand aus Dresden herauszuholen und heimlich in den Westen zu schaffen. Um die „Entführung“ zu vertuschen, wird ein Double präpariert un in die DDR zurückgeschickt – in Zeiten des Kalten Krieges ein unerhöhrter Vorfall, der eine Staatskrise hätte heraufbeschwören können.
Die Handschrift, um die sich alles dreht, ist keine geringere als der berühmte Riesencodex der Hildegard von Bingen aus dem 12. Jahrhundert.
Die handelnden Personen des Dramas:
- Margarete Kühn, Mitarbeiterin der „Monumenta Germaniae Historica“ in Berlin. Nur knapp entrinnt sie der DDR-Justiz und der Stasi.
- Die Nonnen der Abtei St Hildegard
- Franz Götting, Direktor der Nassauischen Landesbibliothek
- Kooperative Köpfe aufseiten der amerikanischen Besatzungsmacht und der DDR
Hildegard und Europa?
Die 2018 gegründete St. Hildegard-Akademie Eibingen setzt sich zum Ziel, das theologische und spirituelle Erbe Hildegards durch Wissenschaft und Forschung lebendig zu halten. Die Erhebung der hl. Hildegard zur Kirchenlehrerin bedeutet für sie den Auftrag, ihre Lehre und ihr Leben auf den Fußstapfen des hl. Benedikt für Kirche und Gesellschaft heute authentisch zu vermitteln.
Im Geiste dieses Auftrags konnte die St. Hildegard-Akademie 2021 ihre erste Publikation veröffentlichen.
Maura Zátonyi OSB (Hrsg.), Europäische Spiritualität. Kontemplation im Wirken, 249 S., Aschendorff Verlag 2021. ISBN 978-3-402-24759-4
Dieses Buch versammelt grundlegende und richtungsweisende Texte über die genuinen geistlichen Grundlagen des heutigen Europas. Die Wirkungsgeschichte und die Dynamik der europäischen Spiritualität wird an Hand von ausgewählten, außergewöhnlichen Persönlichkeiten dargelegt, mit besonderer Berücksichtigung von Leben und Werk Hildegards von Bingen. Das Ringen um eine spirituelle Neubesinnung und deren Umsetzung in konkretes Handeln für Europa begründet zusätzliche die hohe Aktualität dieses Buches.
Die „Soirée am Dom“ am 6. Mai 2021 zu dem Buch mit seinem Inhalt und seinem Entstehungs-Hintergrund kann hier noch angeschaut werden. Neben den Themen des Buches wird auch die St. Hildegard-Akademie als Herausgeberin und nicht zuletzt Hildegard selbst mit ihrer Persönlichkeit und Lehre im Gespräch zwischen Prof. Dr. Günter Kruck und Sr. Dr. Maura Zátonyi humorvoll und lebendig vorgestellt.
Hildegards Gesänge
Stefan Klöckner, Dominik Schneider, Ursula Wilhelm, SYMPHONIAE – Gesänge der Hildegard von Bingen. Praxisbuch, Vier-Türme-Verlag 2020.
Die erste vollständige Ausgabe der Gesänge Hildegards in moderner Notenschrift.
Klappentext:
Hildegard von Bingen gilt als die bedeutendste Mystikerin des deutschen Mittelalters. In ihren Werken verbindet sie visionär Texte der Heiligen Schrift, christliches Leben und den Kosmos als sich ständig erneuernde Schöpfung Gottes.
Dieses Buch bietet erstmals eine Ausgabe aller Hildegard-Gesänge, die auf der einen Seite auf kritischer Sichtung aller vorhandenen Quellen beruht udn auf der anderen Seite praxisorientiert ausgerichtet ist: Die einzelnen Stücke werden in 5-Linien-Notation (unter Berücksichtigung der spezifischen Angaben aus den Handschriften) und in absoluter Tonhöhe wiedergegeben. Dabei werden die aus der Gregorianik stammenden Transpositionsgewohnheiten berücksichtigt.
Professor Dr. Stefan Klöckner, Dominik Schneider und Ursula Wilhelm erarbeiten als ausgewiesene Experten der Gregorianik und mittelalterlichen Musik diese Ausgabe. Gemeinsam mit einem Beitrag der Hildegard-Expertin Dr. Hildegard Gosebrink runden ihre umfangreichen theologischen und musikwissenschaftlichen Einführungen, Begleittexte und Register die Edition ab.
Hildegards Kompositionen: gesungen von der Schola der Abtei
Als Benediktinerin gehörte die gesungene Liturgie zu Hildegards Leben dazu, wie auch zu dem unsrigen in der Abtei heute. Hildegard komponierte selbst Gesänge, die in ihrem Werk überliefert sind und die von uns noch immer gesungen werden. Einige davon hat die Schola aufgenommen. Hören Sie rein!
Die CD enthält v.a. Gesänge, die die hl. Hildegard komponiert hat. Wir haben hier ein paar Hörbeispiele der CD für Sie zusammen gestellt.
Diese CD enthält Gesänge, die anlässlich des Hildegardis-Festes gesungen werden sowie Gesänge, die die hl. Hildegard komponiert hat. Wir haben auch hier ein paar Hörbeispiele der CD für Sie zusammen gestellt.