Kapitel 73: Die Regel als Anfang unseres Weges zur vollen Gerechtigkeit

1. Diese Regel haben wir geschrieben, damit wir durch ihre Beobachtung in unseren Klöstern eine dem Mönchtum einigermaßen entsprechende Lebensweise oder doch einen Anfang im klösterlichen Leben bekunden.

2. Für den aber, der zur Vollkommenheit des klösterlichen Lebens eilt, gibt es die Lehren der heiligen Väter, deren Beobachtung den Menschen zur Höhe der Vollkommenheit führen kann.

3. Ist denn nicht jede Seite oder jedes von Gott beglaubigte Wort des Alten und Neuen Testamentes eine verlässliche Wegweisung für das menschliche Leben?

4. Oder welches Buch der heiligen katholischen Väter redet nicht laut von dem geraden Weg, auf dem wir zu unserem Schöpfer gelangen?

5. Aber auch die Unterredungen der Väter, ihre Einrichtungen und ihre Lebensbeschreibungen sowie die Regel unseres heiligen Vaters Basilius,

6. sind sie nicht für Mönche, die recht leben und gehorsam sind, Anleitung zur Tugend?

7. Wir aber sind träge, leben schlecht, sind nachlässig und müssen deshalb vor Scham erröten.

8. Wenn du also zum himmlischen Vaterland eilst, wer immer du bist, nimm diese einfache Regel als Anfang und erfülle sie mit der Hilfe Christi.

9. Dann wirst du schließlich unter dem Schutz Gottes zu den oben erwähnten Höhen der Lehre und der Tugend gelangen. (Amen.)

Schließt die Regel.

 

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Kapitel 44: Die Bußen der Ausgeschlossenen

1. Wer für ein schweres Vergehen vom Oratorium und vom Tisch ausgeschlossen ist, werfe sich am Ende der gottesdienstlichen Feier vor der Tür des Oratoriums zu Boden. Ohne etwas zu sagen, mit dem Gesicht zur Erde

2. soll er dort zu Füßen aller liegen, die aus dem Oratorium kommen.

3. Das tue er solange, bis der Abt entscheidet, dass es genügt.

4. Sobald der Abt ihn rufen lässt und er hereinkommt, werfe er sich dem Abt und dann allen zu Füßen, damit sie für ihn beten.

5. Dann werde er auf Geheiß des Abtes wieder in den Chor aufgenommen, und zwar an dem Platz, den der Abt bestimmt.

6. Doch darf er ohne erneute Erlaubnis des Abtes noch keinen Psalm, keine Lesung oder sonst etwas im Oratorium vortragen.

7. Bei allen Gebetszeiten werfe er sich am Ende des Gottesdienstes an seinem Platz zu Boden.

8. So tue er Buße, bis der Abt ihm befiehlt, diese zu beenden.

9. Wer aber für ein leichtes Vergehen nur vom Tisch ausgeschlossen ist, soll im Oratorium Buße tun, solange der Abt es befiehlt.

10. Das muss er tun, bis der Abt den Segen gibt und sagt: Genug.

 

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Fortsetzung Kapitel 43:

13. Kommt einer zu Tisch nicht vor dem Vers – denn alle sollen gemeinsam den Vers singen und beten und sich zusammen zu Tisch setzen -,

14. werde er dafür bis zu zweimal gerügt, wenn er aus Nachlässigkeit oder eigener Schuld nicht pünktlich kommt.

15. Bessert er sich wieder nicht, versage man ihm die Teilnahme am gemeinsamen Tisch.

16. Getrennt von der Gemeinschaft aller Brüder, esse er allein. Auch sein Anteil an Wein werde ihm genommen, bis er Buße tut und sich bessert.

17. Ebenso werde auch der bestraft, der beim Vers nach dem Essen nicht da ist.

18. Keiner darf sich herausnehmen vor oder nach der festgesetzten Zeit eigenmächtig etwas zu essen oder zu trinken.

19. Weigert sich einer anzunehmen, was der Obere ihm angeboten hat, dann soll er überhaupt nichts erhalten, wenn er zu einer anderen Zeit verlangt, was er vorher ausgeschlagen hat, oder wenn er sonst etwas will. Das gilt bis er sich entsprechend gebessert hat.

 

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Kapitel 43: Die Bußen für Unpünktlichkeit

1. Hört man das Zeichen zum Gottesdienst, lege man sofort alles aus der Hand und komme in größter Eile herbei,

2. allerdings mit Ernst, um nicht Anlass zur Albernheit zu geben.

3. Dem Gottesdienst soll nichts vorgezogen werden.

4. Kommt einer zu den Vigilien erst nach dem „Ehre sei dem Vater“ des Psalms 94, der deswegen sehr langsam und gedehnt zu singen ist, darf er nicht an seinem Platz im Chor stehen.

5. Vielmehr stehe er als Letzter von allem oder auf dem Platz, den der Abt für so Nachlässige abseits bestimmt hat, damit sie von ihm und allen gesehen werden.

6. Dort bleibe er, bis er am Schluss des Gottesdienstes öffentlich Buße getan hat.

7. Wir lassen die unpünktlichen Brüder bewusst auf dem letzten Platz oder abseits stehen, damit sie von allen gesehen werden, sich schämen und deshalb sich bessern.

8. Bleiben sie nämlich außerhalb des Oratoriums, könnte sich vielleicht einer wieder schlafen legen oder sogar sich draußen hinsetzen und sich Zeit nehmen für Geschwätz; so gibt er dem Bösen Gelegenheit zur Versuchung.

9. Sie sollen vielmehr hereinkommen, damit sie nicht alles versäumen und sich in Zukunft bessern.

10. Kommt einer zum Gottesdienst der Gebetszeiten am Tag erst nach dem Vers und nach dem „Ehre sei dem Vater“ des anschließenden ersten Psalmes, stehe er nach der obigen Vorschrift auf dem letzten Platz.

11. Er nehme sich nicht heraus, sich vor seiner Buße dem Chor der psalmensingenden Brüder anzuschließen, außer der Abt ist nachsichtig und erlaubt es;

12. selbst dann muss der Schuldige Buße tun.

 

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Kapitel 42: Das Schweigen nach der Komplet

1. Immer müssen sich die Mönche mit Eifer um das Schweigen bemühen, ganz besonders aber während der Stunden der Nacht.

2. Daher treffen wir eine Regelung für das ganze Jahr, sowohl für Fasttage wie für Tage ohne Fasten.

3. An Tagen mit Mittag und Abendessen gilt: Sobald man vom Abendessen aufgestanden ist, setzen sich alle zusammen. Dann lese einer die „Unterredungen“, die „Lebensbeschreibungen der Väter“ oder sonst etwas vor, das die Hörer erbaut,

4. nicht aber den Heptateuch oder die Bücher der Könige, denn für weniger gefestigte Brüder ist es nicht gut, wenn sie zur Abendstunde diese Schriften hören; zu anderer Zeit soll man sie lesen.

5. An Fasttagen gilt: Nach der Feier der Vesper und einer kurzen Pause begibt man sich, wie schon gesagt, zur Lesung der „Unterredungen“.

6. Man lese vier oder fünf Blätter, soviel die Zeit eben erlaubt.

7. So können während dieser Lesung alle zusammenkommen, auch wenn sie noch mit zugewiesenen Arbeiten beschäftigt waren.

8. Sind alle versammelt, halten sie die Komplet. Wenn sie dann aus der Komplet kommen, gebe es für keinen mehr die Erlaubnis, irgend etwas zu reden.

9. Findet sich einer der diese Regel des Schweigens übertritt, werde er schwer bestraft,

10. ausgenommen, das Reden sei wegen der Gäste nötig, oder der Abt gebe jemandem einen Auftrag.

11. Aber auch dann geschehe es mit großem Ernst und vornehmer Zurückhaltung.

 

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Kapitel 41: Die Mahlzeiten

1. Vom heiligen Osterfest bis Pfingsten halten die Brüder zur sechsten Stunde die Hauptmahlzeit und nehmen am Abend eine Stärkung zu sich.

2. Doch von Pfingsten an sollen die Mönche während des ganzen Sommers am Mittwoch und Freitag bis zur neunten Stunde fasten, wenn sie keine Feldarbeit haben und die Sommerhitze nicht zu sehr drückt.

3. An den übrigen Tagen nehmen sie die Hauptmahlzeit zur sechsten Stunde ein.

4. Die sechste Stunde für die Hauptmahlzeit wird auch beibehalten, wenn die Brüder auf dem Feld arbeiten oder die Sommerhitze unerträglich ist; der Abt sorge dafür.

5. Überhaupt regle und ordne er alles so, dass es den Brüdern zum Heil dient und sie ohne einen berechtigten Grund zum Murren ihre Arbeit tun können.

6. Vom September bis zum Beginn der Fastenzeit essen sie nur zur neunten Stunde.

7. Vom Beginn der Fastenzeit bis Ostern halten sie die Mahlzeit erst am Abend.

8. Die Vesper aber wird so angesetzt, dass man bei Tisch kein Lampenlicht braucht. Vielmehr muss alles noch bei Tageslicht fertig werden.

9. Auch zu anderen Jahreszeiten werde die Stunde für das Abendessen oder für die Hauptmahlzeit so gewählt, dass alles bei Tageslicht geschehen kann.

 

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Kapitel 40: Das Maß des Getränks

1. Jeder hat seine Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so. (1Kor 7,7)

2. Deshalb bestimmen wir nur mit einigen Bedenken das Maß der Nahrung für andere.

3. Doch mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Schwachen meinen wir, dass für jeden täglich eine Hemina Wein genügt.

4. „Wem aber Gott die Kraft zur Enthaltsamkeit gibt, der wisse, dass er einen besonderen Lohn empfangen wird.

5. Ob ungünstige Ortsverhältnisse, Arbeit oder Sommerhitze mehr erfordern, steht im ermessen des Oberen. Doch achte er darauf, dass sich nicht Übersättigung oder Trunkenheit einschleichen.

6. Zwar lesen wir, Wein passe überhaupt nicht für Mönche, Weil aber die Mönche heutzutage sich davon nicht überzeugen lassen, sollten wir uns wenigstens darauf einigen, nicht bis zum Übermaß zu trinken sondern weniger.

7. Denn der Wein bringt sogar die Weisen zu Fall. (Sir 19,2)

8. Wo aber ungünstige Ortsverhältnisse es mit sich bringen, dass nicht einmal das oben angegebene Maß, sondern viel weniger oder überhaupt nichts zu bekommen ist, sollen die Brüder, die dort wohnen, Gott preisen und nicht murren.

9. Dazu mahnen wir vor allem: Man unterlasse das Murren.

 

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Kapitel 39: Das Maß der Speise

1. Nach unserer Meinung dürfte für die tägliche Hauptmahlzeit, ob zur sechsten oder zur neunten Stunde für jeden Tisch mit Rücksicht auf die Schwäche einzelner zwei gekochte Speisen genügen.

2. Wer etwa von der einen Speise nicht essen kann, dem bleibt zur Stärkung die andere.

3. Zwei gekochte Speisen sollen also für alle Brüder genug sein. Gibt es Obst oder frisches Gemüse, reiche man es zusätzlich.

4. Ein reichlich bemessenes Pfund Brot genüge für den Tag, ob man nur eine Mahlzeit hält oder Mittag – und Abendessen einnimmt.

5. Essen die Brüder auch am Abend, so hebe der Cellerar ein Drittel dieses Pfundes auf, um es ihnen beim Abendtisch zu geben.

6. War die Arbeit einmal härter, liegt es im Ermessen und Zuständigkeit des Abtes, etwas mehr zu geben, wenn es gut tut.

7. Doch muss vor allem Unmäßigkeit vermieden werden; und nie darf sich bei einem Mönch Übersättigung einschleichen.

8. Denn nichts steht so im Gegensatz zu einem Christen wie Unmäßigkeit.

9. Sagt doch unser Herr: „Nehmt euch in acht, dass nicht Unmäßigkeit euer Herz belaste.“ (Lk 21,34)

10. Knaben erhalten nicht die gleiche Menge wie Erwachsene, sondern weniger. In allem achte man auf Genügsamkeit

11. Auf Fleisch vierfüßiger Tiere sollen alle verzichten, außer die ganz schwachen Kranken.

 

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Kapitel 38: Der wöchentliche Dienst des Tischlesers

1. Beim Tisch der Brüder darf die Lesung nicht fehlen. Doch soll nicht der Nächstbeste nach dem Buch greifen und lesen, sondern der vorgesehene Leser beginne am Sonntag seinen Dienst für die ganze Woche.

2. Wer den Dienst antritt, erbitte nach der Messe und der Kommunion das Gebet aller, damit Gott den Geist der Überheblichkeit von ihm fernhalte.

3. Daher beten alle im Oratorium dreimal folgenden Vers, den der Leser anstimmt: „Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde.“ (Ps 51,17)

4. So erhält er den Segen und beginnt dann seinen Dienst als Leser.

5. Es herrsche größte Stille. Kein Flüstern und kein Laut sei zu hören, nur die Stimme des Lesers.

6. Was sie aber beim Essen und Trinken brauchen, sollen die Brüder einander so reichen, das keiner um etwas bitten muss.

7. Fehlt trotzdem etwas, erbitte man es eher mit einem vernehmbaren Zeichen als durch ein Wort.

8. Niemand nehme sich heraus, bei Tisch Fragen über die Lesung oder über etwas anderes zu stellen, damit es keine Gelegenheit zum Unfrieden gibt.

9. Doch der Obere kann zur Erbauung kurz etwas sagen.

10. Der Tischleser der Woche erhält vor Beginn der Lesung etwas Mischwein, und zwar wegen der heiligen Kommunion; auch soll ihm das Fasten nicht zu schwer werden.

11. Nachher ist er mit denen, die in der Küche oder anderswo ihren Wochendienst haben.

12. Die Brüder dürfen übrigens nicht der Reihe nach vorlesen oder vorsingen, sondern nur, wenn sie die Zuhörer erbauen.

 

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Kapitel 36: Die kranken Brüder

1. Die Sorge für die Kranken muss vor und über allem stehen: Man soll ihnen so dienen, als wären sie wirklich Christus;

2. hat er doch gesagt: „Ich war krank, und ihr habt mich besucht“ (Mt 25,36),

3. und: „Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,20)

4. Aber auch die Kranken mögen bedenken, dass man ihnen dient, um Gott zu ehren; sie sollen ihre Brüder, die ihnen dienen, nicht durch übertriebene Ansprüche traurig machen.

5. Doch auch solche Kranke müssen in Geduld ertragen werden; denn durch sie erlangt man größeren Lohn.

6. Daher sei es eine Hauptsorge des Abtes, dass sie unter keiner Vernachlässigung zu leiden haben.

7. Die kranken Brüder sollen einen eigenen Raum haben und einen Pfleger, der Gott fürchtet und ihnen sorgfältig und eifrig dient.

8. Man biete den Kranken, so oft es ihnen gut tut, ein Bad an; den Gesunden jedoch und vor allem den Jüngeren erlaube man es nicht so schnell.

9. Die ganz schwachen Kranken dürfen außerdem zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit Fleisch essen. Doch sobald es ihnen besser geht, sollen sie alle nach allgemeinem Brauch auf Fleisch verzichten.

10. Der Abt sehe es als eine Hauptsorge, dass die Kranken weder vom Cellerar noch von den Pflegern vernachlässigt werden. Auf ihn fällt zurück, was immer die Jünger verschulden.

 

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