Zeittafel zur Lebensgeschichte und zur Geschichte des Heiligsprechungsverfahrens

1098
Hildegard wird in Bermersheim bei Alzey geboren; neueste Forschungen sprechen auch von Niederhosenbach als Geburtsort

ca. 1106
Hildegard wird Jutta von Sponheim zur Erziehung übergeben

ca. 1112
Jutta bezieht zusammen mit Hildegard die dem Mönchskloster angegliederte Klause auf dem Disibodenberg

1136
Hildegard wird nach dem Tod Juttas zur „Meisterin“ des aus der Klause entstandenen Frauenklosters auf dem Disibodenberg bestimmt

1141-1151
Arbeit an ihrem Hauptwerk Scivias, an zahlreichen Liedkompositionen und am Mysterienspiel Ordo Virtutum

1147–1179
Ausgedehnter Briefwechsel Hildegards mit Päpsten, Bischöfen, weltlichen Herrschern, Mönchs- und Nonnenklöstern, mit Klerus und Volk;

1147/48
Auf einer Reformsynode in Trier beglaubigt Papst Eugen III. Hildegards Schriften und liest selbst aus Hildegards Werk Scivias vor

1150
Übersiedlung mit zwanzig Nonnen in das neu errichtete Kloster auf dem Rupertsberg bei Bingen

1158-1170
Mehrere öffentliche Predigten u.a. in Mainz, Würzburg, Bamberg, Trier, Metz und Köln

1158-1173
Arbeit am Liber Vitae Meritorum, an den natur- und heilkundlichen Schriften Physica und Causae et curae und am Liber divinorum operum

1165
Hildegard gründet ein zweites Kloster in Eibingen oberhalb von Rüdesheim, sie ist Äbtissin beider Klöster

1174/75
Der Mönch Gottfried beginnt mit der Niederschrift seiner Hildegard-Vita

1178
Konflikt mit der Mainzer Bistumsverwaltung, die über das Kloster Rupertsberg das Interdikt verhängt

17.9.1179
Hildegard stirbt im Kloster Rupertsberg nur wenige Monate nach Aufhebung des Interdikts und wird vor dem Altar in der Klosterkirche beigesetzt

1180-1190
Der Mönch Theoderich vollendet die von Gottfried begonnene Vita

2. Hälfte des Jahres 1227
Supplik der Äbtissin und des Konventes des Klosters Rupertsberg an Papst Gregor IX. mit dem Antrag auf Heiligsprechung ihrer Gründeräbtissin Hildegard von Bingen

27.1.1228
Reskript „Mirabilis Deus“ Papst Gregor IX., in dem dieser die Untersuchung des Lebens und der Wunder Hildegards anordnet

1233
Der Priester Bruno, Kustos von St. Peter in Straßburg, bringt einen Zeugenbericht (Kanonisationsprotokoll) nach Rom, der am 16. Dezember 1233 im Kloster Rupertsberg versiegelt wurde

1237
Der Zeugenbericht genügt den formalen Ansprüchen nicht und wird zurückgewiesen – insbesondere fehlen die genauen Angaben zu den aufgeführten Wundern: Datum, Ort und Namen von Zeugen und Geheilten

6.5.1237
Papst Gregor IX. beauftragt eine neue Kommission, zu der der Domdechant, der Domscholaster und der Kanonikus Walter vom Mainzer Dom gehörten. Vermutlich aber hat diese Kommission ihre Arbeit nie aufgenommen

24.11.1243
Papst Innozenz IV. unternimmt noch im ersten Jahr seines Pontifikates einen neuen Anlauf zur Durchführung des Kanonisationsverfahrens.
Das bereits vorhandene Protokoll wird überarbeitet, es erhält mehrere Zusätze und Ergänzungen. Heute liegt das 1233 erstellte und 1243 revidierte Kanonisationsprotokoll im Staatsarchiv Koblenz

Ab 1243
Die Kanonisation Hildegards verläuft im Sande

1489
Der Erzbischof von Mainz, Berthold von Henneberg, versucht, die Heiligsprechung wieder neu in Gang zu setzen. Er lässt Hildegards Grab öffnen in der Hoffnung, darin eine Heiligsprechungsurkunde zu finden. Seine erweist sich als Irrtum.

1493
In der mit Holzschnitten reich bebilderten gedruckten Weltchronik des Nürnberger Humanisten Hartmann Schedel wird Hildegard ausführlich erwähnt und damit einer breiten Leserschaft bekannt

1498
Trithemius, Abt von Sponheim, lässt das Grab Hildegards noch einmal öffnen. Doch auch diesmal wird keine Heiligsprechungsurkunde aus früherer Zeit gefunden

15. Jhrdt
Aufnahme Hildegards von Bingen in das Martyrologium Romanum das offizielle Verzeichnis der Seligen und Heiligen der römisch-katholischen Kirche.
Dort steht unter dem 17. September:
Apud Bingiam, in dioecesi Moguntinensi, sanctae Hildegardis virginis.
(bei Bingen in der Diözese Mainz das „Gedenken“ der heiligen Jungfrau Hildegard)

1632
Zerstörung des Klosters Rupertsberg durch die Schweden in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges; die Gebeine Hildegards werden gerettet und in das Kloster Eibingen gebracht

1802
Aufhebung des Eibinger Klosters im Zuge der Säkularisation; 1831 wird die ehemalige Klosterkirche Pfarrkirche von Eibingen

17.9.1904
Benediktinerinnen der Abtei St. Gabriel in Prag besiedeln die neu errichtete Abtei St. Hildegard oberhalb des alten Klosters Eibingen

1916
Im neuen monastischen Brevier der Benediktiner wird der 17. September als Fest der hl. Hildegard für den ganzen Orden festgelegt

Ab 1920
Wissenschaftliche Erforschung der Werke Hildegards durch Schwestern der Abtei St. Hildegard (Sr. Maura Böckeler, Sr. Marianna Schrader, Sr. Adelgundis Führkötter, Sr. Angela Carlevaris)

1929
Anfertigung des kostbaren Hildegardis-Schreins nach einem Entwurf von Bruder Radbod Commandeur, Maria Laach. Das vergoldete Reliquiar ähnelt einem Gebäude, auf dessen Türflügeln die Kardinaltugenden allegorisc dargestellt sind: Gerechtigkeit, Tapferkeit, Klugheit und Mäßigung. Auf Vorder- und Rückseite sind je vier Heilige zu sehen, u.a. der hl. Benedikt und der hl. Martin,

1978-2010
Textkritische Editionen aller Werke Hildegards von Bingen

1979
Jubiläumsjahr zum 800. Todestag Hildegards – eine breite Hildegard-Rezeption nimmt ihren Anfang

März 1979
Die Deutsche Bischofskonferenz stellt in Rom den Antrag auf Erhebung Hildegards zur Kirchenlehrerin. Der Antrag wurde nicht bearbeitet, da noch keine Kanonisation Hildegards erfolgt sei.

April 1979
Die Arbeitsgemeinschaft der katholischen Frauenverbände richtet an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz,
Kardinal Joseph Höffner, Köln, den Antrag, Hildegard zur Kirchenlehrerin zu erheben

1987
Die Deutsche Bischofskonferenz beantragt in Rom die Heiligsprechung Hildegards und bittet noch einmal um deren Erhebung zur Kirchenlehrerin

1988
Es wird bekannt, dass zunächst die kritische Edition aller Schriften Hildegards vorliegen müsse

Ab 1990
Stagnation des Verfahrens aus unbekannten Gründen

1996
Die Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz bemüht sich darum, den ins Stocken geratenen Verfahrensgang der Causa hildegardis erneut in Bewegung zu bringen

1997/98
Jubiläumsjahr zum 900. Geburtstag Hildegards – eine Vielzahl an neuen Publikationen über Leben und Werk Hildegards erscheint

2001
Erweiterung des Eintrags im Martyrologium Romanum zum 17. September:
In monasterio Montis Sancti Ruperti prope Bingiam in Hassia, sanctae Hildegardis, virginis, quae, scientia rerum naturae et medicinae necnon arte musica perita, quam mystica contemplatione experta erat, pie in libris exposuit ac descripsit.
(“Gedenken” der heiligen Jungfrau Hildegard im Kloster auf dem Berg des Heiligen Rupertus bei Bingen in “Rhein-Hessen”, welche, kundig im Wissen der Naturdinge und der Medizin sowie in der Kunst der Musik, in Büchern auf fromme Weise auslegte und beschrieb, was sie in mystischer Betrachtung erfahren hatte.)

September 2010
Papst Benedikt XVI. hält im Rahmen zweier Generalaudienzen zwei Katechesen über Hildegard von Bingen. Er bezeichnet sie als ‚große ‚Prophetin‘, die gerade heute von großer Aktualität ist und den Mut und die Fähigkeit besaß, wach zu sein für die Zeichen der Zeit…“

Dezember 2010
Äbtissin und Konvent der Abtei St. Hildegard danken dem Papst für seine Katechesen über Hildegard von Bingen und bitten ihn in diesem Zusammenhang um die Kanonisierung Hildegards und um ihre Erhebung zur Kirchenlehrerin.

Januar 2011 
Papst Benedikt XVI. beauftragt die Vatikanische Kongregation für die Heiligsprechungen mit der Wiederaufnahme der Causa hildegardis mit dem Ziel, Hildegard so bald wie möglich heiligzusprechen und zur Kirchenlehrerin zu erheben.

15. Dezember 2011
Nach Informationen der italienischen Tageszeitung „La Stampa“ soll Hildegard von Bingen im Oktober 2012 von Papst Benedikt XVI. zur Kirchenlehrerin erhoben werden.

10. Mai 2012
Offizielle Heiligsprechung Hildegards von Bingen durch Papst Benedikt XVI.

7. Oktober 2012
Erhebung der heiligen Hildegard zur Kirchenlehrerin.